Contraception of Virility. The Development of New Male Hormonal and Thermal Contraceptives since the 20th Century

A Research Project by Fabian Hennig

 

English

If the developer of a sperm valve wears this valve on his own testicles and gets high media attention, if the biggest magazine for men impatiently asks: “When will the male pill finally be available?” (Men‘s Health Germany, 2008), if manifestoes demand new male contraceptives, does this challenge the stereotypical assumption that contraception is women’s business? The Male Pill is well known and popular.

Research on male hormonal contraceptives (male pill, gels, hormonal injections and implants) has been ongoing for decades. Even though the efficacy of hormonal approaches was proven, there is still no marketable product. The recurring reasons for premature termination of studies cast doubt on the “change of masculinity”: Men are pictured as indifferent or not trustworthy, shy towards doctors and scared of side effects.

Nevertheless, men who actively practice thermal contraceptive methods – by laboriously bathing testicles, sewing underpants and assessing their fertility under their own microscopes - have existed and are still active/can be found today. The efficacy of uncommon thermal methods is suggested by small studies but lacks scientific recognition and medical support. Lately, finished products can be purchased online. However, the thermic method is far from popular and men who experiment with their own reproductive organs are considered a scurrility.

My PhD project is situated at the intersection of gender studies, science and technology studies, history of medicine, and sociology of knowledge. I examine the history (since the 20th century) and present of contraceptive development using hormonal and thermal research approaches as examples. This study on the two seemingly so different approaches draws on a diverse set of materials (e.g. clinical studies, expert interviews, manifestos, publications of the women’s health movement and men’s groups, autobiographies, online blogs) and asks for differences as well as similarities:

How did thermal and hormonal male contraception become objects of reproductive sciences in the 20th century? Within the field of reproductive medicine and as a matter of precarious masculinity experiments at the margins of science, how has this object of knowledge changed until today? Which perceptions of masculinity, femininity, male identity and body come into play, if effective studies on new male contraceptives are ended early and prematurely? Is hegemonic masculinity inhibiting development of new medications and technologies?

 

Deutsch

Wenn ein Mann, der ein Spermienventil entwickelt und dessen Prototyp am eigenen Hoden trägt, sich großer medialer Aufmerksamkeit gewiss sein kann, wenn das weltweit größte Männermagazin sich scheinbar ungeduldig fragt „Wann gibt‘s denn endlich die Pille für den Mann?“ (Men‘s Health, 2008) und wenn Manifeste für neue männliche Kontrazeptiva geschrieben werden, dann scheint die stereotype Ansicht, nach der Verhütung Frauensache sei, überholt. Die „Pille für den Mann“ ist allseits bekannt und laut Umfragen auch sehr beliebt.

Seit Jahrzehnten schon werden hormonelle Mittel zur Zeugungsverhütung (Pillen, Gels, vor allem aber Implantate und Spritzen) erforscht. Obwohl die Wirksamkeit hormoneller Mittel in unterschiedlichen Tests bewiesen werden konnte, hat es bisher keines dieser Produkte zur Marktreife gebracht. Die wiederkehrenden Begründungen beim Abbruch von Studien zeichnen ein Bild, das am allseits konstatierten ‚Wandel von Männlichkeit‘ zweifeln lässt: Männer seien indifferent und nicht vertrauenswürdig, arztscheu und ängstlich, von Nebenwirkungen eingeschüchtert oder abgeschreckt, sind häufige Erklärungen.

Dennoch gibt und gab es Männer, die im do-it-yourself-Verfahren ihre Fruchtbarkeit unterm eigenen Mikroskop beurteilen, teils mühsam Hoden baden, oder Verhütungsunterhosen nähen. Die Wirksamkeit der weniger verbreiteten thermischen Methode wird durch kleinere Studien und Selbstexperimente nahelegt, aber es fehlt an wissenschaftlicher Anerkennung und medizinischer Betreuung. Seit kurzem können Unterhosen oder Ringe zur Herabsetzung der Fruchtbarkeit sogar online erworben werden, aber die thermische Methode ist weitgehend unbekannt und Männer, die mit ihren eigenen Geschlechtsorganen experimentieren, gelten oftmals als Skurrilität.

Im an der Schnittstelle zwischen Gender Studies, Science and Technology Studies, Medizingeschichte und Wissenssoziologie situierten Promotionsprojekt untersuche ich die Geschichte und Gegenwart der Zeugungsverhütungsmittelentwicklung am Beispiel hormoneller und thermischer Forschungsansätze. Die Geschichte, der auf den ersten Blick so gegensätzlich erscheinenden Ansätze wird im Rahmen einer Multimaterialstudie (u.a. klinische Studien, Expert*inneninterviews, Manifeste, Publikationen der Frauengesundheitsbewegung und von Männergruppen, Autobiographien, Onlineblogs) rekonstruiert, auf Differenzen und Ähnlichkeiten befragt:

Wie wurde Zeugungsverhütung (thermisch und hormonell) im 20. Jahrhundert zu einem Wissensobjekt der Reproduktionsmedizin? Wie veränderte sich dieses Wissensobjekt bis heute, im Rahmen akademischer Forschungen sowie als Gegenstand prekärer (Männlichkeits-)Experimente am Rande der Wissenschaft? Welche Verständnisse von Männlichkeit, Weiblichkeit, männlicher Identität und Körper werden angeführt, wenn effektive Studien zur „männlichen Kontrazeption“ vorzeitig abgebrochen werden? Inwiefern begünstigten herkömmliche Männlichkeitsideale und Körperbezüge die Forschung, inwiefern stellten sie ein Entwicklungshemmnis dar?

 

Author: Fabian Hennig

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